OMAS GEGEN RECHTS Berlin  /  Deutschland-Bündnis
Die Partei "Die Basist verbreitet antisemitsche Verschwörungsideologie

Redebeitrag – Antisemiten raus aus den Kiezen!

Hallo liebe Nachbar*innen, Demonstrierende und Schaulustige,

mittlerweile haben die Querdenker ihre Hausaufgaben gemacht und verstanden, dass Reichsfahnen, AfD-Sticker und Russland-Flaggen eventuell nicht der beste Look für den Prenzelberg sind. Stattdessen wedeln sie nun die Banner der Partei, für welche sie aktiv Wahlkampf betreiben. Es handelt sich also um Wahlkampfveranstaltungen für die Basis.

Die Basis behauptet von sich, weder rechts noch links zu sein. Mit möglichst inhaltsleeren Phrasen wie „Freiheit, Achtsamkeit und Machtbegrenzung“ im Programm versuchen sie, möglichst weite Teile der Gesellschaft anzusprechen, vom Althippie-Kristallschamanen bis zum Pegida-Wutbürger. Diese wundern sich dann darüber, wenn ihnen die Antifa oder die Omas gegen Rechts auf der anderen Straßenseite gegenüberstehen und sie damit konfrontieren, dass sie mit und für Antisemiten auf die Straße gehen.

Antisemitismus ist keine Erfindung der Nazis. Schon im Mittelalter erzählte der europäische Klerus Verschwörungsmythen darüber, dass wir Jüd*innen rituell Kinder für ihr Blut ermorden würden oder dass wir die Brunnen mit der Pest vergiftet hätten, weil man sich nicht erklären konnte, dass die Menschen in den jüdischen Ghettos nur aufgrund überlegener Körperhygiene und tradiertem medizinischem Fachwissen eine längere Lebenserwartung hatten. So gesehen hat sich hierzulande also seit einem Jahrtausend kaum etwas geändert. Aus dem 14. Jahrhundert stammen auch die Stereotypen des jüdischen Geldhändlers, da es eines der wenigen Geschäfte war, mit welchem Juden in deutschen Städten geduldet wurden, da uns die Mitgliedschaft in Zünften untersagt war. In Flugblättern wurde vom „Judenwucher“ gewarnt und in Pogromen folgten diesen Vorurteilen Mord und Totschlag. Es war und ist eine simple Erklärung, die die Verantwortung für alles Böse in der Welt auf eine Minderheit abwälzt, damit sich der Pöbel nicht mit der unbequemen Realität zufriedengeben muss, dass die Institutionen der Herrschaft aufgrund von Inkompetenz, Ignoranz und Egoismus versagen.

Dieser Stereotyp von uns Jüd*innen als Menschen, die ein Volk durch Wucher und Zinsen kontrollieren, insgeheim Kinderblut trinken und Krankheit und Krieg schüren, hält sich also beständig seit tausend Jahren. Heute verwendet die vernetzte Rechte sogenannte Dogwhistles, um ihren Antisemitismus zu verbergen: Dann ist nicht von uns Jüd*innen die Rede, sondern von Globalisten, vom Deep State, von Finanzeliten, die aus dem Hintergrund die Fäden ziehen.

Häufig werden diese Narrative mit Holocaust-Relativierung gekoppelt. Hier kommt Die Basis ins Spiel. Der Rechtsanwalt Reiner Fuellmich, Bundesvorstand der Basis, der viele Querdenker für eine angebliche Schadensersatz-Sammelklage um jeweils 800 Euro betrogen hat, wurde für seinen Antisemitismus wegen Volksverhetzung verurteilt. Fuellmich behauptete in seinen Videos, dass seiner Ansicht nach nicht Hitler, sondern das amerikanische Finanzsystem am Holocaust schuld sei. Er sagte auch, dass die Bundesregierung Konzentrationslager für Nichtgeimpfte einrichten würde und eine organisierte Massentötung durch den Impfstoff plane.

Fuellmich verteidigt auch den Corona-Verharmloser Sucharit Bhakdi, Bundestagskandidat für die Basis, der in einem Interview die Juden Israels aufgrund der dortigen Impfstrategie kurzerhand zu einem Tätervolk machte. Er behauptete wörtlich, es sei „das Schlimme an den Juden“, dass es kein Volk gäbe, das besser lerne als sie. Dass sie das „Erzböse“ aus Deutschland gelernt hätten und Israel so nun in etwas verwandelt hätten, dass noch schlimmer sei als Deutschland. Noch einmal: Ein Bundestagskandidat der Basis sagt, die Impfstrategie Israels sei schlimmer als der Holocaust.

Mehrere Bundestagskandidaten der Partei die Basis, Michael Fritsch und Artur Helios, zeigten auf Demonstrationen in Dresden den Hitlergruß. Helios forderte dabei dazu auf, alle Verantwortlichen für die Corona-Maßnahmen in Deutschland auf Listen zu sammeln und dann zu töten.

Die Basis ist ergo eine offen antisemitische Partei von Holocaust-Verharmlosern. Und da ich nicht glauben kann, dass Menschen ein Jahr lang hinter Plakaten und Fahnen einer Partei marschieren, ohne diese auch nur einmal zu googeln, ist jedes einzelne Mitglied dieser Wahlkampfveranstaltungen entweder Steigbügelhalter für Antisemiten und Nazis oder selber einer.

Nur noch eines in eigener Sache: Ich habe keine andere Wahl, als Antisemitismus persönlich nehmen. Ich bin als Antifaschist geboren worden. Und wenn Oliver Becker, der Stammgast und Mitorganisator der Freedom Parade ist, mich zum wiederholten Male anpöbelt, muss ich ihm eines sagen: Meine Oma hat nicht Auschwitz und Bergen-Belsen überlebt, damit ihr die Maske in meinem Gesicht als modernen Hitlergruß bezeichnen könnt.

Falls ich gestottert haben sollte: Antisemiten raus aus den Kiezen!

Joseph

Die OMAS GEGEN RECHTS Berlin bedanken sich herzlich bei Joseph. Er unterstützt uns regelmäßig, nicht nur mit Redebeiträgen.

#Letafgangirlslearn – Kundgebung auf dem Alexanderplatz

Die Frauen und Mädchen in Afghanistan brauchen unsere Solidarität, deshalb folgten wir dem Aufruf einer bundesweiten Vernetzungsgruppe und nahmen an der Kundgebung auf dem Alexanderplatz #Letafgangirlslearn teil.

Ein kurzes Gespräch hatte ich mit einem Paar, die aus London gekommen waren – nicht für die Demo, sondern eigentlich für ein Weihnachtsfest mit der Familie. Sie eine Iranerin, er ein Deutscher, war beiden aber auch sehr wichtig heute auf dem Alexanderplatz dabei zu sein.

Wir hörten kämpferische Reden und auch wenn wir nicht alles verstanden haben, fühlten wir uns wohl unter den ca. 400 Menschen, die auch im Nieselregen ausharrten. Viele Iraner*innen solidarisierten sich. Nach anderthalb Stunden, als es bereits stärker regnete, sind wir dann doch gegangen. Und das war offenbar gut so, denn wir erfuhren aus dem Internet, dass es dann noch eine Rede gab, deren Inhalte wir auf keinen Fall hätten teilen können. Wir teilen aber mit Euch ein paar Bilder von Transparenten. Es war wiederum ein bekannter Nazi-Fotograf unterwegs. Insofern mein Rat: Bitte setzt sicherheitshalber die Maske auf.

Hannah

Kein Duell – Dokumentation eines Redebeitrages – #b0901 #teamJanB

Liebe Antifaschist*innen, liebes Rundfunktanzorchester, lieber Jan Böhmermann, liebe Besucher*innen der Show in der Schmelinghalle,

schön, dass es Euch gibt.

Euch da drinnen in der Max-Schmeling-Halle wünschen wir nachher einen tollen Abend und sagen mal gleich, dass wir nicht Euretwegen hier sind und hoffen, dass Ihr uns drinnen nicht hört.

Wir sind hier, weil ein Möchtergerngroß und sein Umhang, nein sein Anhang, und eine Kleinstpartei ohne Basis sich ein Duell wünschen. Ein Duell mit einem der Großen der deutschen Satire: Jan Böhmermann.  Und da müssen wir – aus Gründen, aus politischen Gründen, mal paar hörbare Takte dazu sagen.

Ich habe mal Wikipedia bemüht:  Ein Duell (mlat. duellum ‚Zweikampf‘, von alat. duellum ‚Krieg‘ und später volksetymologisch mit duo ‚zwei‘ verbunden) ist ein freiwilliger Zweikampf mit gleichen, potenziell tödlichen Waffen, der von den Kontrahenten vereinbart wird, um eine Ehrenstreitigkeit auszutragen. Das Duell unterliegt traditionell festgelegten Regeln. Duelle sind heute verboten. Der Begriff wird im übertragenen Sinne auch auf sportliche Wettkämpfe und Wortgefechte angewandt.

Tja – und da haben wir schon die Erklärung, warum ein Duell hier nicht stattfinden wird. Es würde gleiche Waffen bedingen und eine Verabredung und es müsste um eine Ehrenstreitigkeit gehen – nichts von all dem ist hier der Fall.

Einer, der gern berühmt wäre und versucht, sich mit einem pissgelben (das ist ein Zitat aus Tipp) Umhang und einer Augenmaske von anderen Menschen zu unterscheiden, ist kein Kandidat für irgendein Duell. Schon gar nicht, weil es sich um einen Menschen handelt, der wegen Landfriedensbruchs, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten, Anstiftung zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie zum tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor Gericht stand und verurteilt wurde, zwar hat er Berufung eingelegt – aber wir kennen die Bilder und wissen, was er getan hat. Einer, der während der Pandemie mit anderen ohne Maske rücksichtslos durch Kaufhäuser und Verkehrsmittel tanzte, ist kein Gegner für ein Duell um eine Ehrenstreitigkeit. Für niemand. Auch nicht für uns.

Einer, der seine dummen Anhänger*innen um Spenden für Bezahlung von Strafbefehlen anbettelt, die er bekommen hat, weil er seinen Egoismus vor das Wohl der Allgemeinheit gesetzt hat, ist einfach nur inakzeptabel und peinlich.

Reden wir über etwas Schönes. Da gibt es die Aktion „Fest & Festlich – Weihnachten mit Jan und Olli“ von Jan Böhmermann und Olli Schulz, eine inzwischen schon zur Tradition gewordene Spenden-Aktion zur Unterstützung von mehreren Organisationen – und die kann sich einmal mehr sehen lassen: Zum einen überraschten Jan Böhmermann und Olli Schulz ihre Fangemeinde mit Videos aus ihren Anfangstagen und Katrin Bauerfeind und Marius Müller-Westernhagen als Ehrengästen.  Zum anderen wurde schon bisher eine Summe weit über 1.519.932  € gesammelt. Und diese Aktion läuft noch zwei Tage. Also nutzen wir hier die Gelegenheit und fordern gern auf, sich daran zu beteiligen. Das haben die OMAS GEGEN RECHTS/Berlin aus dem Deutschland-Bündnis gestern auch auf Twitter getan.

Hier findet also heute keinerlei Duell statt. Wir sind trotzdem hier – nicht als Zuschauer*innen, sondern als Akteur*innen. Wir widersprechen einmal mehr. Gemeinsam werden wir laut gegen Hass, Hetze und Antisemitismus.

Wir werden laut, unbeschränkt. Halbstündlich für jeweils einige Minuten. Mit Kochtopfdeckeln und Instrumenten, wir schonen unsere Stimmen und bitten freundlich um Einschaltung des Verstandes.

Und der vorletzte Satz des ersten Redebeitrags sei der Lieblingswitz von Jan Böhmermann: „Wie viele Deutsche braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?“ – „Einen! Deutsche sind effizient und haben keinen Humor.“. In diesem Sinne: Viel Spaß heute Abend, mehr an Redebeiträgen später.

Die Partei "Die Basist verbreitet antisemitsche Verschwörungsideologie

Abschiebung stoppen! Afghanistan ist kein sicheres Land!

Wir dokumntieren hier die Pressemitteilung von Afghan Refugees Movement, weil es wichtig ist, dass Öffentlichkeit hergestellt wird!

Aktuell sitzt der Afghane Irfanullah, der 2015 nach Deutschland gekommen ist, in der Abschiebehaft in Darmstadt-Eberstadt. Er und seine Familie lebten als afghanische Flüchtlinge für 30 Jahre in Pakistan, weshalb er den deutschen Behörden sagte, dass er aus Pakistan kommt. Er ist schließlich auch in Pakistan geboren. Jedoch wurden seine Eltern vor zwei Jahren aus Pakistan zurück nach Afghanistan abgeschoben.

Laut dem deutschen Haftbeschluss hat das pakistanische Konsulat ein Passersatzpapier für die Abschiebung von Irfanullah ausgestellt, obwohl er eigentlich Afghane ist und ihm nach einer Rückkehr nach Pakistan die Abschiebung nach Afghanistan droht. Dieses Papier ist jedoch abgelaufen und es wird aktuell auf eine Neuausstellung gewartet. Wir haben bereits die pakistanische Botschaft in Berlin und das Konsulat in Frankfurt angeschrieben und sie über Irfanullahs afghanische Nationalität informiert.

Uns liegen die Fotos der afghanischen Tazkiras von ihm und seinen Eltern vor. Aber aktuell bekommen wir die Originale nicht so einfach nach Deutschland. Somit können wir die Originale nicht vorlegen und eine Ausstellung von Ausweispapieren durch die afghanischen Vertretungen in Deutschland ist seit der Machtübergabe an die Taliban auch nicht mehr möglich. Zudem hat Irfanullah in der Abschiebehaft auch keine Möglichkeit dort vorzusprechen.

Irfanullah wurde am 01.12.22 nach seiner erneuten Asylantragstellung in der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen verhaftet, da er wohl wegen einer Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben war. Er ist kein Straftäter! Er soll mit einem Charterflug am 13.1.2023 nach Pakistan abgeschoben werden.

Wir fordern die deutschen Behörden dazu auf die Abschiebung von Irfanullah zu stoppen und ihn sofort aus der Abschiebehaft zu entlassen!

Seit der Machtübergabe an die Taliban im August 2021 gab es keine Abschiebungen mehr nach Afghanistan und das sollte auch so bleiben!

Kontakt für Presseanfragen: afghanrefugees@outlook.de

Dank an den parlamentarischen Beobachter

Für unseren Protest gegen den Aufzug der AfD am 8.10.2022 und die dazugehörige Gedenkveranstaltung beim Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma im Tiergarten hatten wir glücklicherweise Ruppert Stüwe als parlamentarischen Beobachter gewinnen können. Etwas spät, aber umso nachdrücklicher haben wir dem Bundestagsabgeordneten der SPD für sein Engagement gedankt:

Wie erhofft, haben Ihre Interventionen bei den Einsatzkräften hier und da etwas bewirkt. Leider konnten weder wir noch Sie verhindern, dass Sympathisanten der AfD beim Zurückströmen durch unsere Kundgebung laufen durften. Die Polizei drängte sogar eine OMA, die sich den Rechten direkt am Simsonweg entgegenstellte, aktiv weg. Die systematische Auswertung ergab inzwischen, dass die Einsatzkräfte angemeldeten Gegendemonstranten und ihren Sympathisanten die Zugänge zum Kundgebungsort erschwerten bzw. verwehrten. Damit wird das verbriefte Recht auf Gegenprotest ausgehebelt. Diese Erfahrung, dass sich die Polizei keineswegs neutral verhält, wie es ihre Aufgabe wäre, ist leider kein Einzelfall. Wir möchten den Kontakt mit Ihnen gern halten. Denn Ihr Auftreten am 8. Oktober 2022 haben alle OMAs als hilfreich, wohltuend und engagiert in der Sache empfunden! DANKE dafür.“

Zur Erläuterung: Parlamentarische Beobachter sind bei Demonstrationen und Bürgerprotesten direkt vor Ort, um die Sicherheitskräfte zu beobachten, ihre Amtsausübung zu dokumentieren und zu kontrollieren. Sie vermitteln gewissermaßen zwischen Demonstranten und Polizisten und versuchen übertriebene Härte, Eskalation und Rechtsbrüche auf beiden Seiten zu verhindern. Sie schützen so das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art 8 Grundgesetz).

Tag der Menschenrechte – Mahnwache am Camp vor der Zentrale der Grünen

Mit einer kleinen Mahnwache unterstützten wir die Iraner*innen vor der Zentrale der Grünen. Es ist kalt, aber sie zelten dort seit Wochen, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.

Sie fordern weitere diplomatische Schritte der deutschen Regierung gegenüber dem verbrecherischen Regime im Iran. Die EU-Sanktionen gehen ihnen nicht weit genug.

Auch wir sagen: Die Menschenrechtsverletzungen im Iran, die Morde, die das Regime sogar an Kindern begeht, müssen anders sanktioniert werden.

 

 

 

Ich stehe hier seit bald einem Jahr montags auf der Straße… (Josephs Rede auf dem Gegenprotest am 14.11.22)

Liebe Mit- und Gegendemonstrierende,
liebe Schaulustige und meine heißgeliebte Nachbarschaft
,

ich stehe hier seit bald einem Jahr montags auf der Straße und ich habe keine Lust mehr, montags auf der Straße zu stehen. Ich habe deutlich Besseres zu tun. Leider wird mir da keine Wahl gelassen. Denn wenn ich sehe und höre, was hier im Schatten unserer schönen Gethsemanekirche passiert, wird mir kotzübel.

Ich wohne seit 1990 im Gethsemane-Kiez. Ich bin hier aufgewachsen und habe im Alter von 4 das erste Mal den Knopf drücken dürfen, der die Glocken der Gethsemanekirche läuten lässt. Ich war noch im Bauch meiner Mama, als sie sich in dieser Kirche mit Gleichgesinnten traf und 1989 Lieder von Freiheit und Widerstand sang, bis die Mauer fiel und die Straßen dann erst von Bullen und dann mit Wessis geflutet wurden.

Heute schüttelt meine Mama den Kopf über die Menschen, die hier jeden Montag im immer grotesker anmutenden dissonanten Missklang versuchen, einen Hauch des Geistes des friedlichen politischen Widerstandes, für den die Gethsemanekirche immer stehen wird, für ihre Zwecke missbrauchen zu können. Ein Missklang, der mittlerweile jeden Montag von fünf bis halb zehn durch meine Fenster hallt und mir ganz gehörig auf den Senkel geht.

Fakt ist, dass es anmaßend und lächerlich ist, gegen eine vermeintliche Diktatur und noch vermeintlichere Regierungsgewalt auf der Straße zu demonstrieren, wenn man dies unter dem Schutz freundlich schmunzelnder Polizist*innen tut.

Wer tatsächlich gegen Diktaturen in der Heimat demonstriert, tut dies nicht unter Polizeischutz. Wer heute Bilder aus dem Iran, aus Afghanistan, aus Russland sieht, weiß, dass politischer Widerstand kein reißerischer Spruch in der Telegram-Gruppe, kein bissiger Kommentar unter einem YouTube-Video und kein Bahnfahren ohne Einhaltung der Maskenpflicht ist. Wer gegen Diktaturen aufbegehrt, tut dies unter Lebensgefahr.

Ich weiß, dass all die wunderbaren Menschen auf dieser Straßenseite solidarisch mit den Menschen im Iran, in Afghanistan und in Russland stehen, die aufgrund des Machthungers und der Gier ihrer Regierung Gewalt, Gefangenschaft oder Tod erleiden. Solidarisch mit den Geflüchteten aus der Ukraine, Armenien und jedem anderen Land, über dem ein paar alte Männer Bomben abwerfen lassen, um Profit zu schöpfen. Allein, dass ihr da drüben diese Solidaritätsbekundungen nicht geschlossen und uneingeschränkt unterschreiben könntet, sagt mir alles, sagt mir, dass ihr noch nicht mal den Schatten der Gethsemanekirche verdient habt.

Solidarität ist ein Fremdwort für euch. Und damit meine ich nicht nur die internationale Solidarität, sondern auch die mit dem Volk, welches ihr vorgebt zu sein. Solidarität mit den Armen, den Wohnungslosen, den Kranken und Immunkompromittierten, für die Schutz und Freiheit nicht nur ein paar schmissige Phrasen auf einem Transparent sind. Solidarität für die Familien und Freund*innen, die seit Beginn der Pandemie in Deutschland 156.000 geliebte Menschen an Covid haben sterben sehen. Und ich wäre vielleicht deutlich weniger sauer, wenn ich nicht zu denjenigen gehören würde, die erfahren mussten, wie ein durch Impfung vermeidbarer Tod an Covid Existenzen und Familien zerreißt.

Ihr redet von Frieden, aber fordert die bedingungslose Kapitulation vor Kriegstreibern und schert euch keinen Pfifferling um jene, deren Zuhause gerade jetzt zerstört wird. Ihr faselt von Freiheit, aber ihr meint immer nur eure eigene Freiheit von Sorge, Rücksicht und rudimentärer Medienkompetenz. Ihr trällert von Gesundheit und Selbstbestimmung, aber geht ohne Impfschutz oder sogar mit einer tödlichen Krankheit unter Leute, weil ihr sie für einen Schnupfen haltet. Ihr schwurbelt von Widerstand gegen die Diktatur, aber übt den Schulterschluss mit Faschisten, Antisemiten und Rassisten auf AfD-Demos, weil sie halt gerade eurer Meinung sind. Ihr krakeelt, dass ihr die Lügen der Medien durchschauen würdet, aber gebt euch mit der erstbesten Erklärung von einem Typen mit Kamera und Kanal zufrieden, weil sie irgendwie in euer Weltbild passt. Ihr seid nicht einmal des Zaunes der Gethsemanekirche würdig, den ihr mit euren Parolen beschmutzt. Ihr seid nicht das Volk, ihr seid bestenfalls ein paar nützliche Idioten. Ihr seid maximal der Widerstand zwischen mir und einem netten, ruhigen Montagabend. Hinter jedem und jeder einzelnen von euch steht eine Familie, die sich euretwegen in Grund und Boden schämt. Haut endlich ab und macht den Eingang zu unserer schönen Kirche frei!

Joseph

Frauen, Leben, Freiheit

Berlin, ein Freitag am Spätnachmitag, es nieselte. Und trotzdem kamen viele zum Brandenburger Tor um die Mahnwache, eine Kundgebung der iranischen Community, zu unterstützen. Denn: Der iranische Rapper Toomaj Salehi wurde vor kurzem von den iranischen Sicherheitsbehörden verhaftet. Wie viele regimekritische Künstler ist er nun in Lebensgefahr. Er wird gerade in Gefangenschaft gefoltert und seine Fans, Freunde und Familie und alle fürchten, dass er nicht überlebt. Toomaj ist einer der bekanntesten Rapper Irans und positioniert sich mit seinen Songs offen gegen das Unrechtsregime.

Die deutsche Regierung muss endlich tätig werden, darin waren sich die Anwesenden einig. Und sie skandierten: Hoch die internationale Solidarität!

Es war eine bewegende Veranstaltung, und ich wünsche mir, dass die Berliner Bürgermeisterin, den Wunsch eines Redners erfüllt: Frau Giffey, lassen Sie das Brandenburger Tor anstrahlen, zeigen Sie dort die Bilder der Opfer!