OMAS GEGEN RECHTS Berlin  /  Deutschland-Bündnis
Antifaschistische Kundgebung für Erinnerungskultur

In Erinnerung an Ede und Unku

Am #b0810 stehen wir am Simsonweg/Ecke Scheidemannstr.  – dort läuft ein Demonstrationzug der AfD vorbei unter dem Motto:…

Nein, wir wiederholen das hier nicht! Solidarität ist unsere Alternative. Solidarität zuerst. Immer! Wir stehen ganz bewusst in der Nähe des Denkmals für die im Nationalsozialistmus ermordeten Sinti und Roma. Wir schirmen es ab – gegen Hass und Hetze – wenigstens symbolisch. Wir erzählen auch von Ede und Unku – von Freundschaft und Solidarität.

Lesen bildet Meinung

Aus aktuellem Anlass wurde das Plenum der OMAS GEGEN RECHTS Berlin /Deutschland-Bündnis vorverlegt. Auch am 17.9.22 mussten OMAS nämlich auf die Straße – gegen rechte Politik. Gegen Fremdbestimmung über die Körper von Frauen; gegen den § 218 – für Selbstbestimmung.

Weshalb wir morgen, übermorgen, nächste Woche, am 8. Oktober und immer wieder auf die Straße müssen, das haben wir beim Plenum besprochen. Auch, was wir unterschrieben, was wir nicht machen (können oder wollen) haben wir diskutiert und waren uns nicht immer – aber meistens – einig. Gegessen und getrunken haben wir auch: Von HONG KONG FRIES mit gezupfter Ente bis EBI TEMPURA und von Wasser, über Limetten-Limonade bis zu Grünem Tee.

Und weil wir wissen, dass das Lesen bildet, zeigen wir Euch ein Bild von unserem Büchertisch, als Anregung und Bericht.

H.

buechertisch OMAS GEGEN RECHTS
Lesen bildet

Kiezfest an der Gethsemanekirche

„Fest zusammen im Kiez“ nannte die InitiativeGethsemanekiez ihr Fest, das am Sonnabend vielen Anwohner*innen Freude machte. Gespräche, Musik, Kinderfest… Eine kleine Ausstellung von „Berlin gegen Nazis“ und ein Stand der OMAS GEGEN RECHTS mit einer Verlosung ohne Nieten gleich nebenan boten Information und sogar garantiertes kleines Glück – wo hat man das schon?  Auf dem Fest gab es auch Luftballons und Gespräche und Saft und Wein und Pizza und Kuchen und sogar nahbare Politiker. Für beinahe Alles war also gesorgt, nur einige Veganer mussten etwas weiter laufen, fanden das Fest aber trotzdem schön.

Den paar Helden, die sich verabredet hatten, um die OMAS zu nerven und die im Telegramkanal später verkündeten, sie hätten die „Omas müde geredet“ sei mitgeteilt: Wir sind nicht so dumm, unsere Lebenszeit mit Euch zu verschwenden und wach genug, um Woche für Woche am Montag im Gegenprotest zu stehen. Bis die Anwohner Ruhe haben und Ihr zu Hause bleibt.

Ein DANKE an alle Organisator*innen, Musiker*innen, an die Gastronomen, die Standbetreuer*innen, ein Danke den Ordner*innen – den Anwohner*innen – bis bald!

Immer wieder montags….

Immer wieder am Montag stehen die OMAS GEGEN RECHTS Berlin /DEUTSCHLAND-BÜNDNIS gemeinsam mit vielen anderen Antifaschist*innen im Gegenprotest an der Gethsemanekirche – genauer: Der Kirche gegenüber. Wo genau wir stehen, erfindet die Polizei jedesmal neu. Mal an der Stargarder Str. 6 (wie angemeldet) – mal auch auf der anderen Seite der Greifenhagener. Mal mit vielen Gittern vor uns – mal ohne Gitter. Nach vielen Wochen können wir einschätzen, dass ein System nicht erkennbar wird. Nur eines ist deutlich: Wir stehen in jedem Fall richtig! Für eine solidarische Gesellschaft und gegen Querdenker*innen und ihr braunes Gepäck.

#b1209 Gethsemanekirche

 

Gegenrede!

Liebe Antifaschist*innen,

danke, dass Ihr da seid.

Wir könnten ja auch zu Hause bleiben, es gibt so viele schöne Dinge, die wir tun könnten – statt wöchentlich hier protestierend einigen Möchtegern-Umstürzlern den Spiegel vorzuhalten.

Aber es sind schon lange viel zu viele, die nicht nur vorschlagen, die Querdenker-Groupies doch zu ignorieren statt ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, sondern eben genau das auch tun: sie bleiben einfach zu Hause. „Lasst sie doch laufen, diese kleine Minderheit“, heißt es. „Durch die Aufmerksamkeit, die ihr und die Medien ihnen schenken, wertet ihr sie nur auf.“

Auch deshalb sind wir hier nur ein kleiner bunter Haufen und nicht die Vielen, die eigentlich hinter uns stehen und unsere Ansichten teilen.

Aber das ist ein Problem. Denn die da drüben vergiften unser Klima, verderben das gesellschaftliche Miteinander, in und von dem wir alle leben. In dieser Welt leben auch diejenigen, die sich nicht zu uns stellen. Diejenigen, die jede Woche nur den Lärm hören, der hier verursacht wird. Trotzdem: Aber auch für sie stehen wir hier! Schon die Tatsache, dass die, die sich dort drüben versammeln, es wagen, sich vor die Gethsemanekirche zu stellen, sollte alle Alarmglocken läuten lassen. Einige haben sie ja auch gehört. Nicht umsonst hat die Initiative Gethsemanekiez am Kirchenportal auch das schöne Transparent befestigt: 22 ist nicht 89. Wir leben nicht in einer Diktatur.  Und durchaus absichtlich beschmaddern diese Querterroristen zum Beispiel dieses Transparent in einem ihrer Filmchen und machen daraus das Gegenteil.

Genau das ist das Problem: Sie behaupten, in einer Diktatur zu leben, wähnen sich im Widerstand und bereiten einen Umsturz vor. Warum sage ich Umsturz und nicht Revolution? Weil nichts von dem, was sie denken, auch nur irgendwie revolutionär ist. Sie stehen da äußerlich friedlich zusammen. Die einen wollen den Kaiser wieder haben und andere behaupten, für eine Republik der Räte einzutreten, wieder andere faseln von Schwarmintelligenz. Diese von ihnen gehypte Schwarmintelligenz behauptet, es gäbe gar keine Viren und das wäre wissenschaftlich erwiesen…

Und überall dazwischen wabert Antisemitismus; es ist von „Eliten“ die Rede und vom „Great Reset“, dem „tiefen Staat“, von „Marionetten“ – die bekannten Codes werden alle benutzt, leider ohne jeglichen Widerspruch aus den eigenen Reihen. Was der querliegende Jesus, der hier immer auf einer Fahne durch die Gegend geschwenkt wird, uns sagen soll, ist mir ein Rätsel, stand Jesus doch für eine solidarische Gesellschaft. Der Freiheitsbegriff dieser Hüpf- und Singgemeinschaft ist ein egoistischer, es geht ihnen nur um sich selbst, ihr Wohlergehen, ihre Belange. Und das nennen sie dann auch noch kreativ.

Gegenüber formen Hände gelegentlich ein Herz und die Friedenstaube wird auch herumgeschwenkt. Was davon zu halten ist, zeigt ein aktueller Ausschnitt aus einem Telegram-Chat der Querdenker:

Charly: Ich bin niemand der Gewalt in irgend einer Art und Weise toleriert. Aber um Deutschland vor diesen Irren zu retten, geht es wohl diesmal nicht nur mit Trommeln und Hände klatschen. Diese Regierung muss zum Rücktritt gezwungen werden, mit alle Konsequenzen.

Originalschreibweise wurde beibehalten. Darunter belegen im Original-Chat erhobene Daumen die Zustimmung.

Guenter Zimmermann: Genau so ist es, dss geht jetzt schon über zwei jahre so und wird jeden tag schlimmer, und die menschen und die kinder sterben an der giftspritze wie die fliegen in den niederrlanden geht die enteignung los une die deutsche trommeln und tanzen in Berlin. Das ist nicht mehr normal. Ich bin auch gegen Gewalt aber jetzt wird es Zeit diese Brut und verbrecher

Originalschreibweise wurde beibehalten.

Und unter diesen beiden Kommentaren findet sich dann … nein, kein Widerspruch … sondern ein Link zum Rubikon-News-Magazin. Was ist Rubikon? Ein Querfrontmagazin – ich empfehle den Artikel von Belltower News dazu. Der Begriff Querfront stammt aus der Weimarer Republik, damals bezeichnete er vor allem eine Strategie Kurt von Schleichers und der Reichswehrführung. Es ging darum, eine Basis der Massen aus Gewerkschaften und Teilen der NSDAP herzustellen. Heute wird der Begriff immer dann verwendet, wenn es eine Zusammenarbeit oder Vermischung linker und rechter Positionen gibt. Auf Rubikon toben sich alle möglichen Verschwörungsideologen aus, und auch dort werden immer wieder antisemitische Narrative bedient.

In einem der neuesten Artikel geht es z. B. um das „Gift aus der Spritze“. Das ist ein typisches Beispiel. Wie andere. Die Impfungen gegen COVID-19 werden von manchen als „Giftspritze“ bezeichnet. Angeb­lich diene die Impfung dazu, die Menschheit zu dezimieren. Andere Verschwörungserzählungen über Impfungen behaupten, damit würde ein Chip eingesetzt oder Bill Gates versuche nur, sich zu bereichern. Hinter den Impfprogrammen werden oftmals „die Juden“ als Drahtzieher vermutet, das ist kein Zufall. Antisemitische Erzählungen über Impfungen haben in Deutschland leider bereits eine lange Tradition, die bis zum Anfang des Impfens im 19. Jahrhundert zurückreicht. Auch im NS-Propaganda-Wochenblatt „Der Stürmer“ gab es bereits Karikaturen, die einen Zusammenhang zwischen Impfungen und „den Juden“ belegen sollten.

Es lassen sich verschiedene Formen von Antisemitismus feststellen. Einerseits wird hinter der Impfung eine globale Verschwörung gegen die Menschheit vermutet, andererseits kommt es zu Shoah-Relativierungen. Erinnert Euch an Leute, die bei Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen einen gelben Stern mit der Inschrift „Ungeimpft“ getragen haben. Ihre Botschaft: Wir sind die neuen Juden. Das ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehr und geht so weit, dass der Virologe Christian Drosten mit dem SS-Arzt Josef Mengele gleichgesetzt wird. So mehrfach in den einschlägigen Telegram-Chats. Wir haben in Pankow bereits Anfang des Jahres 2022 bei den Protesten gegen die unangemeldeten Spaziergänge darauf aufmerksam gemacht.

An dieser Stelle ein Dank an Christian Drosten und die vielen Kolleg*innen – wie Sandra Ciesek, die uns immer wieder auf dem Laufenden halten. Da gilt auch für mich: Lieber glaube ich #Wissenschaftlern, die sich mal irren, als #Irren, die meinen, sie seien Wissenschaftler.

Kreativ nennt Michael B. alias Captain Future (der sich die Bezeichnung übrigens selbst gewählt hat, weil die Welt einen Superhelden benötige) seine erste, sehr bekannt gewordene Aktion, bei der er –„Ein bisschen Sars muss sein“ singend und Polonaise tanzend – mit einer Horde von Menschen ohne Maske in Einkaufszentren einfiel und das auch noch filmte. Sein O-Ton dazu: „Und auf die Straße gehen und die Straßen fluten und tanzen und damit dieses ganz Lügen- und Ansteckungsgebilde zum Einsturz bringen, indem wir sagen, wir scheißen da drauf und wir werden trotzdem nicht sterben.“

Als eine der ersten starb zwei Tage vor Weihnachten 2020 eine aktive OMA GEGEN RECHTS.

Corona ist keine Grippe, es ist ein systemisches Virus und gefährlich.

Diese Aktionen des Herrn im gelben Superhelden-Kostüm und seiner Mitläufer*innen waren und sind eben nicht kreativ, auch nicht spaßig, sondern gefährlich für andere Menschen und auch einfach gemein. Und so ist es eben dann auch hier montags. Die Menschen gegenüber finden es akzeptabel, sich beim Eben- mal-zum-Späti-gehen-und-neues-Bier-Holen maskenlos unter uns zu mischen und dabei auch mal die eine oder andere Beleidigung fallen zu lassen. Ihr Freiheitsbegriff bedeutet auf den Punkt gebracht: Was interessiert mich Dein Wohl und Wehe – es geht um mich. Eine unserer OMAS GEGEN RECHTS malte das mal auf ein Blatt weißes Papier: Ich, ich, ich … Die Saat, die die dort drüben sähen, geht leider allzu oft auf. Sie zeigt sich auch, wenn sie aus ihrem Verständnis von „Selbstbestimmung“ die geltende Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln ignorieren.

Wer Widerstand mit „ie“ schreibt, darf auch Selbstbestimmung mit einem „m“ schreiben formulierte jemand. Aber solche Fehler lassen sich korrigieren, die massenhafte Gefährdung anderer nicht. Langsam sickert die Gleichgültigkeit überall ein – kaum ein Mensch wagt es noch, einem anderen in der BVG zu sagen: Bitte setzen Sie doch die Maske auf. Ich befinde mich da montags regelmäßig im Selbstversuch und weiß, wovon ich rede.

Wir haben noch einiges vor uns, denn machen wir uns nichts vor: Wir leben insgesamt in einer brandgefährlichen Situation. Die aktuelle Groß-Krise trifft weite Bevölkerungsschichten, und auch die aktuelle Regierung vergisst diejenigen, für die sie eintreten müsste. Viele Menschen – auch aus der sogenannten Mittelschicht – haben berechtigte Angst vor Verarmung. All das, was dringend zu tun (gewesen) wäre, kommt nicht ausreichend voran oder wird unter dem Deckmantel von Finanznot abgelehnt. Die Rechts­extremen reiben sich schon die Hände: Sie arbeiten mit einfachen Schuldzuwei­sungen, präsentieren Sündenböcke und heimsen dafür viel Zustimmung ein. Sie bedienen vorhandene Vorurteile in der Bevölkerung, und sie werden jetzt erst recht geschickt versuchen, diese auszuspielen, um Erfolg zu haben.

Aber wir sind ja nicht machtlos, zusammen sind wir stark. So fuhr ein Bus voller OMAS GEGEN RECHTS aus Gießen nach Mainz. Und jetzt wünsche ich mir ein lautes Alerta für das große und starke Bündnis der Antifaschist*innen in Mainz, das letztlich verhindert hat, dass eine Nazibande durch ihre Stadt läuft. Danke Mainz! Ihr macht uns Mut!

Alerta, Alerta – Antifaschista…

(Redebeitrag 18.7.2022 an der Gethsemanekirche – Hanna, OMA GEGEN RECHTS)

Erinnern heißt auch, Verantwortung zu übernehmen

Heute vor einem Jahr starb Esther Bejarano. Auf ihrem letzten Geburtstag hatte sie noch viele Stunden getanzt. Sie war bis zuletzt eine laute Mahnerin und wurde niemals müde, zu erinnern. “Ich singe, bis es keine Nazis mehr gibt!” – das kann sie nun nicht mehr. Die Nazis sind noch da. Wir aber auch. Und deshalb, lasst uns Esther ehren, indem wir in ihrem Sinne handeln.

Immer wieder.

„Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht. Seid solidarisch! Helft einander! Achtet auf die Schwächsten! Bleibt mutig! Ich vertraue auf die Jugend, ich vertraue auf euch! Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“ (Esther Bejarano)

Die Bilder entstanden im letzten Jahr anlässlich des Gedenkens an Esther Bejarano in Berlin.