OMAS GEGEN RECHTS Berlin  /  Deutschland-Bündnis

Wir erinnern und mahnen

„Der Anschlag in Halle (Saale) am 9. Oktober 2019 war der Versuch eines Massenmordes an Juden an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Zuvor hatte der rechtsextreme Täter Stephan Balliet (B.) Datum, Ziel und die antisemitischen Motive seines Anschlags im Internet bekanntgegeben. Er versuchte mit Waffengewalt in die Synagoge im Paulusviertel einzudringen, um dort versammelte Menschen zu töten, jedoch erfolglos. Danach erschoss er vor dem Gebäude die Passantin Jana Lange und im Imbiss „Kiez-Döner“ den Gast Kevin Schwarze. Auf seiner Flucht versuchte er, weitere Personen zu erschießen, und verletzte zwei. Den Tatverlauf übertrug er per Helmkamera als Livestream. B. wurde am selben Tag gefasst und war geständig. Er wurde am 21. Dezember 2020 vom Oberlandesgericht Naumburg unter anderem wegen zweier Morde und 68 Mordversuchen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.“(Wikipedia)

Die, die den Hass sähen, die sind noch da. Wir sehen und erleben sie bei vielen unserer Gegenproteste. Sie bereiten vor, was einzelne ausführen. Noch immer steht der Hassprediger Sven Liebich auf dem Hallenser Marktplatz – obwohl er inzwischen mehrfach verurteilt wurde. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam.

Gestern in Blankenburg – auf einer Veranstaltung der #noAfD wurden wieder antismitische Codes beutzt – zum Beispiel der von den „Strippenziehern“.

Unser Erinnern soll auch eine Mahnung sein: Wir müssen aufmerksam bleiben und uns überall und immer wieder gegen Antisemitismus und Hass engagieren.

Laut gegen Höcke – wir sind dabei!

7.09.23  – 18:00 Uhr – S-Bahnhof Oranienburg – weil es sein muss!

Erich Mühsam wurde im KZ Oranienburg von deutschen Faschisten ermordet. Unser lauter Protest gegen Höcke ist gleichzeitig Erinnerung und Mahnung.

Erich Mühsam

Trotz allem Mensch sein. Mensch bei allem bleiben
und seinen Menschen nicht verkümmern lassen,
wenn selbst die Sterne schon in Dunst verblassen,
geängstigt von dem Spuk, den Menschen treiben.

Mensch sein heißt nicht in Duldsamkeit verweiben.
Mensch sein erlaubt, befiehlt, den Feind zu hassen.
Mensch sein heißt Unrecht bei der Gurgel fassen
und es mit jedem Keim zu Staub zerreiben.

Trotz allem Mensch sein, wär’s auch mit dem Messer!
Doch dem, der Menschen tötet, sei verkündigt:
Vergossnes Blut fließt durch Gewissenssiebe.

War vor der Bluttat deine Seele besser,
so hast du dich am Menschentum versündigt.
Rein bleibt der Mensch, der Blut vergießt aus Liebe

Laut gegen Höcke
Alle gemeinsam

Der 8.10.22 – wir schirmten ab

Telefonat mit einem Freund. Ganz spät am Abend. Er fragt: „Wie war es denn?“ Dann habe ich zwei gegensätzliche Worte gesagt und weiß schon nicht mehr, welches ich zuerst sagte: Großartig oder schrecklich.

Großartig: Gute Reden – ein Grußwort von Romani Rose, Ferat Kocak und G. von uns – Danke!

Schrecklich war es, den marschierenden Massen zuzusehen, die da vorbeizogen. Egal ob 8000 oder 10000 – es waren viel zu viele.

Großartig – zusammen zu sein und zu wissen, dass wir gerade am richtigen Ort sind. Wir erinnerten in der Nähe des Mahnmals für die ermordetene Sinti und Roma an #Unku (Erna Lauenburger). Danke G. für das Vorlesen aus dem Buch „Ede und Unku“ von Alex Wedding. Erna Lauenburger starb in Auschwitz.

Schrecklich war es zu erleben, dass auf die Polizei kein Verlass ist – ich dachte so oft an Esther Bejarano.

Großartig: …und als es dann regnete, nicht nur ein wenig, es schüttete wie aus Kannen – da stellten sich die OMAS GEGEN RECHTS und ihre Freunde zusammen, Schirm an Schirm und boten einer kleinen Touristen-Gruppe aus Peru Schutz unter den Schirmen. Es gab ein gutes Gespräch, und wir wurden alle ein wenig nass, aber nicht so sehr.

Schrecklich: Das Bellen von Polizei-Hunden – mitten hinein in unsere Musik. Lin Jaldati. Wozu diese Hunde?

S´ brent! briderlekh, s´brent!
Oy, undzer orem shtetl nebekh brent!
Beyze vintn mit yirgozn
Raytn, brekhn un tseblozn
Shtarker nokh di vilde flamen,
Alts arum shoyn brent.

Großartig: Tanzende Sinti aus Tschechien als zufällige Gäste und eine kurze Rede von einem von ihnen. Sie waren, wie wir erfuhren, vorher am Denkmal und gedachten ihrer mehr als 50 getöteten Familienangehörigen.

Danke an die Vielen, die uns unterstützt haben, Jusos, Frauen gegen Rechts, Antiverschwurbelte Aktion, Jogida, OMAS GEGEN RECHTS Halle, OMAS GEGEN RECHTS Leipzig, Ferat Kocak, die Order*innen, ganz viele Antifaschist*innen und den Parlamentarischen Beobachter Ruppert Stüwe. Danke, dass Ihr so viele Stunden durchgehalten habt.

Hannah

PS.: Das war es vielleicht noch nicht! Die Auswertung unserer Erlebnisse mit der Polizei werden wir eventuell auch noch veröffentlichen. Wir tragen erst enmal zusammen.

Wir sind es den Ermordeten schuldig!

Ja, wir waren da und unsere Bündnispartner*innen ebenfalls. Vor dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas verhinderten wir dessen Missbrauch durch die Querdenken-Bewegung. Keine und keiner der deutschlandweit Mobilisierten und teils in gefährliche Verschwörungsmythen Verstrickten, deren Demonstrationen verboten worden waren, konnte das Mahnmal als Kulisse für Livestreams demokratiefeindlicher Auftritte nutzen.

Stolpersteine

Minna Bergmann war 78 Jahre alt, als sie in Theresienstadt ermordet wurde, Gertrud Heymann war 81 Jahre alt, Pauline Hirschfeld beging mit 88 Jahren Suizid, um ihrer Deportation zu entgehen.

Drei Namen, drei ausgelöschte Leben.

Die Initiative Bundesplatz hat diese und weitere 21 Biographien recherchiert. Im Bezirk Wilmersdorf war der Anteil jüdischer Bewohnerinnen und Bewohner am höchsten – jede/r siebte war jüdisch. An viele von ihnen erinnert bereits ein Stolperstein.

Als im vergangenen Herbst die neuen Stolpersteine finanziert werden sollten, haben auch OMAs sich beteiligt, denn jeder Stolperstein trägt dazu bei, dass die Erinnerung an die Menschen wach bleibt, die früher rund um den Bundesplatz gewohnt haben. Die meisten waren schon über sechzig Jahre alt – wie wir heute -, als die Nazis sie aus ihrem Lebensumfeld rissen, sie deportierten und ermordeten.

In wenigen Tagen wird es nun für sie endlich Stolpersteine geben:

Am 2. Juni 2021 werden morgens ab 9.00 Uhr jeweils zwei Stolpersteine vor den Häusern Bruchsaler Straße 6 und 12 verlegt, am 4. Juni ab 12.00 Uhr erfolgt die Verlegung von insgesamt 20 Stolpersteinen vor sechs Häusern rund um den Bundesplatz, beginnend vor Haus Nr.1.

Auch wenn  wegen der Pandemie keine große Gedenkveranstaltung die Verlegung der Stolpersteine umrahmen wird, wird es doch möglich sein teilzunehmen und auch Blumen niederzulegen.

Für uns alle sollte der wache Blick auf alte und neue Stolpersteine in der ganzen Stadt und darüber hinaus selbstverständlich sein – tot ist nur, wer vergessen ist. Wir dürfen und wollen nicht vergessen.

Frieda