OMAS GEGEN RECHTS Berlin  /  Deutschland-Bündnis

85 Jahre Reichpogromnacht

Am geschichtsträchtigen Ort wollen wir an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren erinnern: 09.11., ab 18:30 Uhr, Große Hamburger Straße 26 (Mitte). Bitte kommt und gedenkt mit uns, damit es nie wieder passiert!

Dort – in der Großen Hamburger Straße 26 – befand sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das erste Altenheim der Jüdischen Gemeinde zu Berlin; dahinter liegt der erste neuzeitliche jüdische Friedhof, auf dem u. a. Moses Mendelssohn, der Philosoph der Aufklärung, begraben ist. 1942 wurde das Altenheim von der Gestapo zum Deportationssammellager bestimmt. Hier mussten sich die Juden vor der Deportation einfinden, oder sie wurden von der Gestapo dorthin eingeliefert, wenn sie versucht hatten, sich der Deportation zu entziehen. Im Sammellager wurde das Gepäck der Juden durchsucht, und Finanzbeamte erklärten ihnen, dass ihr Vermögen eingezogen wurde. Von hier wurden die Juden dann zu den Deportationsbahnhöfen (Grunewaldrampe) gebracht.

Wir erinnern und mahnen

„Der Anschlag in Halle (Saale) am 9. Oktober 2019 war der Versuch eines Massenmordes an Juden an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Zuvor hatte der rechtsextreme Täter Stephan Balliet (B.) Datum, Ziel und die antisemitischen Motive seines Anschlags im Internet bekanntgegeben. Er versuchte mit Waffengewalt in die Synagoge im Paulusviertel einzudringen, um dort versammelte Menschen zu töten, jedoch erfolglos. Danach erschoss er vor dem Gebäude die Passantin Jana Lange und im Imbiss „Kiez-Döner“ den Gast Kevin Schwarze. Auf seiner Flucht versuchte er, weitere Personen zu erschießen, und verletzte zwei. Den Tatverlauf übertrug er per Helmkamera als Livestream. B. wurde am selben Tag gefasst und war geständig. Er wurde am 21. Dezember 2020 vom Oberlandesgericht Naumburg unter anderem wegen zweier Morde und 68 Mordversuchen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.“(Wikipedia)

Die, die den Hass sähen, die sind noch da. Wir sehen und erleben sie bei vielen unserer Gegenproteste. Sie bereiten vor, was einzelne ausführen. Noch immer steht der Hassprediger Sven Liebich auf dem Hallenser Marktplatz – obwohl er inzwischen mehrfach verurteilt wurde. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam.

Gestern in Blankenburg – auf einer Veranstaltung der #noAfD wurden wieder antismitische Codes beutzt – zum Beispiel der von den „Strippenziehern“.

Unser Erinnern soll auch eine Mahnung sein: Wir müssen aufmerksam bleiben und uns überall und immer wieder gegen Antisemitismus und Hass engagieren.

Erinnern heißt auch, Verantwortung zu übernehmen

Heute vor einem Jahr starb Esther Bejarano. Auf ihrem letzten Geburtstag hatte sie noch viele Stunden getanzt. Sie war bis zuletzt eine laute Mahnerin und wurde niemals müde, zu erinnern. “Ich singe, bis es keine Nazis mehr gibt!” – das kann sie nun nicht mehr. Die Nazis sind noch da. Wir aber auch. Und deshalb, lasst uns Esther ehren, indem wir in ihrem Sinne handeln.

Immer wieder.

„Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht. Seid solidarisch! Helft einander! Achtet auf die Schwächsten! Bleibt mutig! Ich vertraue auf die Jugend, ich vertraue auf euch! Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“ (Esther Bejarano)

Die Bilder entstanden im letzten Jahr anlässlich des Gedenkens an Esther Bejarano in Berlin.

Wir sind es den Ermordeten schuldig!

Ja, wir waren da und unsere Bündnispartner*innen ebenfalls. Vor dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas verhinderten wir dessen Missbrauch durch die Querdenken-Bewegung. Keine und keiner der deutschlandweit Mobilisierten und teils in gefährliche Verschwörungsmythen Verstrickten, deren Demonstrationen verboten worden waren, konnte das Mahnmal als Kulisse für Livestreams demokratiefeindlicher Auftritte nutzen.

Erinnern heißt kämpfen! Brief an Esther Bejarano

Liebe Esther,

gerade komme ich von einer Gedenkkundgebung für Dich. Wir haben uns nie persönlich kennengelernt, aber ich habe Dich immer gern gehört und sehr bewundert.

Wir trafen uns heute an der Stelle, von der aus Du 1943 nach Auschwitz deportiert wurdest und die jetzt ein Platz des Gedenkens ist.

Heute warst Du mitten unter uns, und junge und alte Antifaschist*innen standen zusammen! Wir  hatten Mühe, den Abstand zu halten, weil wir so viele waren.

Es ist noch nicht so lange her, da hast Du mir mit Deinen Worten richtig gutgetan, weil ich unsicher geworden war, ob es richtig ist, gegen „faschistische Strukturen in der Polizei“ und für „Entnazifizierung“ zu demonstrieren. Einige von uns OMAS GEGEN RECHTS fanden diese Demonstration zu „militant“, und das hatte mich verunsichert. Aber der NSU, das waren nicht nur drei Verbrecher, die ungeklärten Verbrechen in Neukölln und die rechtsradikalen Chatgruppen in der Polizei, von denen wir wissen und und und… Und deshalb sind wir dann doch zu dieser Demonstration gegangen – nicht alle, aber einige, und das war gut so. Als ich dann Deine Grußworte aus dem Lautsprecher hörte und die vielen Antifaschist*innen erlebte und die Reden hörte, da war ich wieder einmal froh, nicht zu Hause geblieben zu sein.

Schön, dass Du mit einigen OMAS GEGEN RECHTS einen Nachmittag verbrachtest, und eine Ehren-OMA GEGEN RECHTS wurdest.

Ich habe heute einiges Neues über Dich erfahren, zum Beispiel, dass die Hamburger Polizei einen Wasserwerfer auf einen Wagen richtete, auf dem Du standest und dass Du auf Deinem 95. Geburtstag stundenlang aufmerksam warst und dann noch getanzt hast.  Ich habe Dich singen gehört – mit Deiner wunderbaren Sopranstimme. Liebe Esther, Du hättest die Reden heute hören sollen, die waren voller Menschenliebe und hätten Dich gefreut.

Wir hörten die Gedichte von TINTENWOLF und erinnerten uns dabei vieler, die umgebracht wurden. Wir hörten YOK mit seinem Akkordeon und als der Verstärker nicht mehr wollte, war das kein Problem, weil alle ganz still waren und wir ihn trotzdem hören konnten.

Liebe Esther, was die Jungen von der ANTIFA heute für Dich und uns auf die Beine gestellt haben, das zeigt, dass Du tief in ihnen verwurzelt bist.

Alle zusammen gegen den Faschismus, immer und überall – das ist Dein Vermächtnis und eine Handlungsanleitung.

Du bist nicht tot, Du lebst jetzt nur anders – in uns allen!

Und so sei gegrüßt

Hanna

20. Juli 2021 in Berlin – Gedenken und notwendige Aktion – Schutz des Mahnmals als Ort der Erinnerung

Heute haben wir OMAS im PLENUM zusammengesessen und sehr viel diskutiert und organisiert – alle Entscheidungen sind im Konsens getroffen worden.

Wir haben auch besprochen, dass eine von uns für den 20.7.2021 eine Kundgebung zum Schutz des Mahnmals der ermordeten Juden anmelden wird, denn es ist unerträglich, dass Rechtsextremist*innen und Coronaleugner*innen diesen Tag nutzen wollen, um am Mahnmal ihr schmutziges Unwesen zu treiben. Einer von ihnen verbreitet im Internet die Lüge von 6 Millionen Impftoten und Ihr könnt sicher sein: Er weiß, was er sagt!

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Das Mahnmal muss vor Holocaust-Verharmloser*innen und Antisemit*innen geschützt werden.

Der 20. Juli ist ein ganz besonderer Tag und wir gedenken auch derjenigen, die vergeblich versuchten, den Hitlerfaschismus zu stürzen und das sinnlose Sterben zu beenden, indem sie ein Attentat auf Hitler verübten.

Wir hoffen, dass viele alte und junge Berliner*innen, Antifaschist*innen aller Generationen uns unterstützen, wenn wir am 20.7.21 um 18:30 Uhr am Mahnmal der ermordeten Juden (in der Ebert- bis zur Ecke Behrenstraße) gemeinsam der Opfer des Nationalsozialismus und des Widerstands gedenken und sagen: Nie wieder!

Wir OMAS sind fast alle bereits zweifach geimpft und froh darüber, werden trotzdem Maske tragen und Abstand halten und bitten alle anderen Unterstützer*innen auch darum.

Hanna

 

 

 

Jeder Stolperstein

Jeder Stolperstein erinnert an einen Menschen.

Jeder Stolperstein erinnert an Leid, Verfolgung und Tod.

Jeder Stolperstein erinnert auch an all diejenigen Opfer, für die die Stolpersteine fehlen.

Jeder Stolperstein ist uns eine Mahnung!

(Insgesamt wurden am 4. Juni vor sieben Häusern am Bundesplatz zwanzig neue Stolpersteine verlegt.  Danke an die Initiative Bundesplatz und alle, die dazu beigetragen haben, die Verlegung möglich zu machen. Fotos: Frieda)